Eine Geschichtstour zu Antike und Faschismus – und was das eine mit dem anderen zu tun hat

Eine Exkursion nach Rom des Paul-Pfinzing-Gymnasiums Hersbruck in Kooperation mit dem Lehrstuhl Didaktik der Geschichte der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

In Ergänzung zu dem in der Hersbrucker Zeitung erschienenen Bericht „Sieben historische Seiten von Rom

 

Wie heiß kann es in einem Bus eigentlich werden? Das fragten sich die Schülerinnen und Schüler des Paul-Pfinzing-Gymnasiums (PPG) Hersbruck, als sie bei einer Exkursion nach Rom die Ewige Stadt erkundeten. Bei durchschnittlich 30 Grad und bis zum Brechen gefüllten öffentlichen Verkehrsmitteln war das auch kein Wunder! Trotzdem blieb den 24 Schülern der 11. Jahrgangsstufe, ihren Lehrkräften, den 14 Studierenden und Dozierenden der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg am Ende vor allem all das Positive in Erinnerung, das sie in Rom erleben durften. In der ersten Juliwoche startete die 50 Personen große Gruppe in die bereits seit mehreren Monaten geplante Exkursion. Altbewährt ist nunmehr die Kooperation des Gymnasiums mit dem Lehrstuhl Didaktik der Geschichte, der in zwei Seminaren die beiden Schwerpunkte Antike und Faschismus in Italien am Beispiel Rom mit den Lehramtsstudierenden für das Fach Geschichte erarbeitete. In mehreren Unterrichtsbesuchen wurden die Themen mit den Schülern vorbereitet – eine neue praktische Erfahrung sowohl für Studierende wie für die Schüler.

In der pulsierenden Großstadt Rom wurden die Inhalte von den Schülern unter Anleitung der Studierenden eigenständig erkundet und vertieft. Ziele waren bekannte Stätten wie das Forum Romanum oder das Pantheon, doch wurden auch weniger touristisch bekannte Orte aufgesucht.

 

Noch früh am Vormittag frisch und vergnügt die 11. Klasse des Paul-Pfinzing-Gymnasiums vor dem römischen Kolosseum.

Gruppenbild am Saturn-Tempel auf dem Forum Romanum: Studierende des Universitätsseminars „Rom in der Antike“ sowie Schüler:innen des PPG unterhalb von Überresten des über 2000 Jahre alten Tempel des Saturn, u.a. Aufbewahrungsort des antiken römischen Staatsschatzes, auf dem Forum Romanum. Unter studentischer Leitung beschäftigte sich die gesamte Gruppe intensiv mit dem Forum als Austragungsort politisch-religiös-militärischer Staatlichkeit.

 

Viele der sportbegeisterten Schüler des PPG interessierten sich insbesondere für die in der faschistischen Epoche errichtete Sportstadt „Foro Italico“.

Auf Entdeckungstour in der Sportstadt „Foro Italico“ im Norden Roms, ehemals Foro Mussolini, errichtet Ende der 1920er Jahre, hier im Stadium der Marmorstatuen. Das Feld wird von 60 nackten männlichen Sportlern umrundet, je 4 Meter hoch, Sinnbild faschistischer Ästhetik und eines männlichen Körperkultes, der Anleihen aus der Antike macht. Das Sportgelände wird noch heute genutzt.

Hier ließ sich eindrucksvoll aufzeigen, wie die Führungsriege um Diktator Mussolini die Bildsprache der Antike für seine eigene Selbstdarstellung und faschistische Ideologie instrumentalisierte. Noch heute vorhandene Mosaike der 1930er Jahre greifen antike Symboliken auf, womit das faschistische Italien an die Größe des antiken Imperiums anknüpfen wollte.

 

Auf dem ehemaligen Foro Mussolini stehen noch Marmorblöcke mit faschistischen Inschriften und flankieren den Marmorfußboden der zentral verlaufenden Straße. Auf dem Fußboden in Marmorintarsien neben vermeintlich harmlosen Sportdarstellungen mehrfach zu sehen: „M“ für den italienischen „Führer“ Benito Mussolini. Ebenfalls zu sehen sind die „Fasces“, Rutenbündel mit einem Beil, die in der Antike von Amtspersonen getragen wurden. Unter Mussolini wurde es zum Zeichen für den Faschismus. Die Sportstadt ist noch heute in Betrieb.

Im ehemaligen Foro Mussolini Marmorblöcke mit faschistischen Inschriften, hier im Vordergrund: „11. Oktober 1935. Der Duce kündigt dem Volk den Kriegsbeginn gegen Abessinien an“. Dies war der Beginn eines grausamen Kolonialkriegs gegen Äthiopien mit Einsatz von Giftgas.

Im ehemaligen Foro Mussolini Marmorblöcke mit faschistischen Inschriften, hier: „9. Mai 1936. Proklamation des Imperiums“. Das faschistische Italien verleibt sich nach einem grausamen Kolonialkrieg Äthiopien ein und proklamiert die Schaffung eines „Imperiums“ in Anlehnung an das antike römische Reich.

Besichtigung der „Ara Pacis“ unter studentischer Anleitung. Der sog. „Altar des Augusteischen Friedens“ war 13 n.Chr. Kaiser Augustus gewidmet worden. Anlässlich des 2000. Geburtsjahres des Kaisers ließ Mussolini 1932 den Altar wiederherstellen und neben das Augustusmausoleoum in der Nähe des Tibers wieder errichten. So wollte sich der Diktator in die Traditionslinie des römischen Kaisers setzen.

 

An der Entdeckung der italienischen Hauptstadt beteiligten sich die Schüler nicht nur mit viel Motivation und Neugier, sondern ergänzten das Themenspektrum auch mit eigenen Schülerreferaten. Im ehemaligen römischen Ghetto am Teatro Marcello stellten sie bei einer szenischen Lesung zudem die Verfolgung jüdischer Menschen unter deutscher NS-Besatzung dar, die ab September 1943 einsetzte.

Spaziergang durch den Stadtteil Trastevere aus Spurensuche nach jüdischer Geschichte aus der Antike und im Mittelalter. Hier vor Mauerresten einer ehemaligen Synagoge.

Eine Gedenktafel bei der Via Rasella im römischen Stadtzentrum zur Erinnerung an zehn unbeteiligte Passanten, die hier im März 1944 von den deutschen NS-Besatzern gefangen genommen und einen Tag später zusammen mit anderen 325 Geiseln in den Ardeatinischen Höhlen ermordet wurden. Dieses Massaker der deutschen Nationalsozialisten war eine Vergeltungstat für die Guerilla-Aktion der römischen Widerstandsbewegung auf ein deutsches Polizeibataillon in der Via Rasella, bei der 33 Deutsche starben.

Schülerinnen und Schüler diskutieren mit der Studentin über die Guerilla-Aktion der römischen Widerstandsbewegung auf ein deutsches Polizeibataillon in der Via Rasella in der Nähe des Palazzo Barberini über die Folgen für die römische Zivilgesellschaft. Als Vergeltung für den Tod von 33 NS-Polizisten hatten die Nationalsozialisten im März 1944 335 unbeteiligte Geiseln in den Fosse Ardeatine erschossen.

 

Auf der Reise wurde gelernt, gelacht und geschwitzt, es wurden Fragen gestellt, Arbeitsblätter bearbeitet und neue Freundschaften geknüpft. Auch mit etwaigen Hindernissen wurde souverän umgegangen und Probleme gemeinsam gelöst. So konnte beispielsweise auch ein Streik des öffentlichen Nahverkehrs der Gruppe nicht im Weg stehen: weil weder Bus noch Tram zur Verfügung standen, plante die Schulklasse von ihrer Stadtführung auf einen Badeausflug an die Küste bei Ostia um – und die Studierenden gingen die zwei Stunden bis zum Vortragsort einfach zu Fuß. Kein Problem!

Insgesamt kam die Exkursion bei allen Beteiligten sehr gut an. Die Studierenden erfuhren – für viele zum ersten Mal –, was es bedeutet, vor einer Schulklasse zu stehen, eine Klassenfahrt mitzuorganisieren und eigene Unterrichtsmaterialien zu erarbeiten. Schülerinnen und Schüler profitierten von der abwechslungsreichen Gestaltung des Aufenthalts, der jungen „Lehrerschaft“ und der Nähe zu den Inhalten. Auf beiden Seiten also ein voller Erfolg!

Text: Paulina Peer